Ich muss was gestehen: seitdem ich in Schweden lebe, hat mich das kulinarische Angebot der lokalen Küche eher enttäuscht.
Aber fangen wir mal von vorne an. Was ist in Schweden eigentlich so typisch? Natürlich kennen wir alle die klassischen Köttbullar (was übrigens wie “Schöttbullar” ausgesprochen wird!) von Ikea, davon gibt es hier in Schweden zig Variationen, von klassisch bis hin zur modernen Interpretation, mit Wildschwein oder mit Elch. Mich persönlich hat noch nicht mal die IKEA-Version überzeugt, Hackfleischbällchen sind einfach generell nicht mein Geschmack.
Abgesehen davon habe ich schon das schwedische Julbord kennenlernen dürfen – das ist das weihnachtlich inspirierte schwedische Buffet, das in jedem schwedischen Haushalt und in vielen Restaurants in der Weihnachtszeit zu finden ist. Das Julbord besteht aus vielen unterschiedlichen warmen und kalten Speisen wie beispielsweise Köttbullar, viel geräucherten Fleisch und Fisch, Rotkohl, Krabben, Lachs, Käse, Karoffeln, Knäckebrot und Butter. Da ich leider überhaupt kein Fan von Fisch bin, fiel dafür schon einiges für mich vorab weg und letztlich musste ich bei den Kartoffeln, Knäckebrot und Rotkohlsalat zugreifen, was für mich zwar lecker, aber einfach kein kulinarisches Highlight war.
Mein kulinarisches Schweden-Highlight: Semla
Genug gejammert – ich habe endlich ein schwedisches Rezept gefunden, das mich richtig weggehauen hat: schwedische Semla! Semlor (so heißt der Plural von Semla eigentlich) gehören zu den beliebtesten Gebäcken in Schweden.
Semlor, das sind kleine Hefebrötchen mit Kardamom, gefüllt mit einer Marzipancreme und Sahne, getoppt mit ganz viel Puderzucker. Oh ja, hört sich nach vielen Kalorien an und ist auch sehr mächtig, aber unglaublich lecker. Manche Deutsche nennen sie die schwedischen Windbeutel, aber meiner Meinung nach haben sie mit Windbeuteln nicht ganz so viel zu tun, da sie viel geschmackvoller und mächtiger sind. Zugegeben, sie haben aber eine gewisse Ähnlichkeit von außen.
Die Tradition des „fetten Dienstags“
Die “Saison” der Semlor ist in Schweden zeitlich begrenzt. Man bekommt sie üblicherweise nur in der Zeit von Weihnachten bis Ostern. Danach verschwinden sie wieder für einige Monate von der Ladentheke.
Ihren Höhepunkt haben die spritzigen Gebäcke an einem ganz besonderen Tag: dem fettisdagen (auch Fat Tuesday oder “fetter Dienstag”), der sozusagen die schwedische Variante des Fastnachtsdienstags ist. Ursprünglich wurden die Semlor nur an diesem einzelnen Tag im Jahr gegessen – vielleicht um vor der bevorstehenden Fastenzeit nochmal richtig zu schlemmen? 🤤
Jedenfalls sind kurz vor der Fastenzeit die Semlor wortwörtlich in aller “Munde”😉 Im Schnitt werden innerhalb von 2-3 Monaten rund 40 Mio. Semlor verkauft (bei gerade einmal 10 Mio. Einwohnern ist das eine stolze Menge). Die Regel am fetten Dienstag ist es, mindestens einen Semla zu essen. Deshalb wird der Fettisdagen auch manchmal semmeldagen genannt, eben weil die Semlor an diesem Tag so begehrt sind. Dann gibt es sie überall: im Supermarkt im Angebot, in allen Cafés in Schweden oder auch in vielen Unternehmen auf dem Tisch im Pausenraum.
Was ist in einem Semla drin?
Die Semlor sind kleine Hefebrötchen, die mit einer süßen Marzipancreme, einer dicken Schicht Sahne gefüllt und mit ganz viel Puderzucker getoppt sind. Das Besondere am Hefeteig ist für mich definitiv die Zutat Kardamom.
Geheimzutat Kardamom
Das Besondere an den schwedischen Semlor ist für mich persönlich der Kardamom im Hefeteig, der eine ganz besondere süße und leicht scharfe, exotische Note mit sich bringt. Die Schweden sind generell ganz verrückt nach diesem exotischen Gewürz, das ich bislang nur aus der indischen Küche in manchen Curry-Rezepten kannte.
Kardamom stammt ursprünglich aus Indien und Sri Lanka und gehört zur Familie der Ingwergewächse. Kardamom gilt das “Königin der Gewürze”, unter anderem weil es sehr mühsam mit der Hand geerntet und weiterverarbeitet wird. Die grüne Fruchtkapsel der Pflanze wird kurz vor der Reife mit der Hand geerntet und anschließend getrocknet. Aufgrund dieses aufwändigen Ernteprozesses gilt Kardamom nach Safran und Vanille zu einem der teuersten Gewürze weltweit. Die Schweden verwenden grünen Kardamom, der sich insbesondere für süße Gerichte eignet. Kardamom findet sich auf in den schwedischen Zimtschnecken (Kanelbullar) wieder. Der schwarze Kardamom wird häufig für herzhafte Gerichte, insbesondere in der indischen Küche benutzt, der eine markante, süßlich-scharfe Note mitbringt.
Wie bereitet man einen Semla zu?
Semlor selber zuzubereiten ist gar nicht so schwer. Die Zutaten, die ihr für die Zubereitung braucht, hat man eigentlich alle zuhause (vielleicht bis auf Kardamom): Ihr braucht für den klassischen Hefeteig natürlich Mehl, Milch, Hefe, Zucker, Butter, Salz und ein Ei.
Für den besonderen Eigengeschmack der Hefebrötchen gesellt sich dann noch eine Messerspitze grüner Kardamom hinzu. Die Hefebrötchen werden kurz vor dem Backen noch mit einem Eigelb bestrichen. Nach dem Backen kommt die Füllung in die Brötchen, die aus Sahne und einer Marzipancreme besteht, die aus Milch und Mandelmasse hergestellt wird. Zum Schluss folgt noch eine Haube aus Puderzucker.
Es sind einige Schritte in der Zubereitung involviert – lasst euch aber davon nicht abschrecken. Ich bin absolut kein Experte was Hefeteige angeht, aber habe es trotzdem geschafft, echt leckere Semlor herzustellen. 🙂
Hier nun das Rezept. Viel Spaß damit! Lasst mich wissen, wie euch die schwedischen Semlor gefallen!
Traditionelle schwedische Semla
Zutaten
Für den Teig
- 120 ml Wasser warm
- 2 TL Trockenhefe
- 75 g Zucker
- 75 g Butter geschmolzen
- 120 ml Milch warm
- 1 TL Salz
- 1 Ei leicht geschlagen
- 550 g Mehl
- 1 TL (grüner) Kardamom
Für die Glasur
- 1 Eigelb
- 1 EL Sahn
Für die Füllung
- 200 g Mandelpaste
- 50 ml Milch
Sonstiges
- 400 ml Sahne
- Puderzucker
Anleitungen
- Hefebrötchen zubereiten: In einer großen Schüssel die Hefe, mit einem halben Teelöffel Zucker und dem warmen Wasser vermengen und für 5 Minuten zur Seite stellen, damit die Hefe schon arbeiten kann.
- In einer kleineren Schüssel die Milch, mit der geschmolzenen Butter, dem leicht geschlagenen Ei verrühren und anschließend zum Hefemix geben.
- Anschließend den Kardamom, Mehl, Zucker und Salz hinzugeben und mit einem Teigspatel oder Holzlöffel verrühren, bis alle Zutaten miteinander vermengt sind. Zum Schluss den Teig mit den Händen ca. 10 Minuten kneten. (Ihr könnt für diesen Schritt natürlich auch eine Brotmaschine mit einem Knethaken benutzen). Der Teig ist ideal, wenn er ganz leicht klebrig ist.
- Den fertigen Teig (er sollte idealerweise ganz leicht klebrig sein, aber sich trotzdem vom Rand der Schüssel lösen) zu einer Kugel rollen, mit einem Küchentuch zudecken und für ca. 45 Min bis 1 Std ruhen lassen. In dieser Zeit sollte die Hefe richtig arbeiten und der Teig sich in seiner Größe fast verdoppeln.
- Nach der Ruhezeit den Teig kurz auf der Arbeitsplatte durchkneten und anschließend in ca. 12 gleich große Stücke teilen. (Ich rolle den Teig dafür in eine lange “Wurst” und schneide die Stücke dann in gleich große Teile).
- Die Teigkugeln auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech legen und wieder mit einem Geschirrtuch verdeckt für ca. 45 Min. ruhen lassen.
- Den Ofen auf ca. 180°C vorheizen.
- Für die Glasur 1 Eigelb mit 1 EL Sahne verrühren und leicht aufschlagen.
- Nach der Ruhezeit die Semlor mit der Glasur bestreichen und im Ofen für ca. 15-17 Min backen, bis die Semlor schön goldbraun sind.
- Anschließend die Semlor vor der Weiterverarbeitung vollständig abkühlen lassen.
- Füllung zubereiten: Die Mandelpaste in einer kleinen Schüssel zerbröseln und mit Milch zu einer Creme verrühren.
- Anschließend mit einem scharfen Messer die obere Haube der abgekühlten Semlor abschneiden und beiseite stellen.
- Einen Teil des Inneren eines Brötchens mit dem Finger herausnehmen / aushöhlen, zur Mandelmasse geben und verrühren.
- Die Sahne mit etwas Puderzucker steif schlagen und in einen Spritzbeutel füllen.
- Füllen und verzieren: Die Marzipan-Brösel-Füllung anschließend mit einem Löffel in das ausgehöhlte Brötchen gegeben. Auf einen Semlor kommt ca. 1 großer EL Mandelfüllung.
- Anschließend die Sahne großzügig auf dem Semlor spritzen.
- Den Deckel auf die Sahnehaube setzen und mit Puderzucker bestäuben.
- Genießen!
2 Kommentare
Super lecker. Habe die Semla in Stockholm das erste Mal probiert und jetzt nach gebacken. Sie schmecken himmlisch!?
Erwähnen muß man eigentlich auch, daß Semlor mit warmer Milch gegessen werden sollten! Also eigentlich gar nicht so wie sie meistens serviert werden, als „Kaffee und Kuchen“! Ich bin Schwedin und esse sie immer noch so….im tiefen Teller in warmer Milch.